Grundsteuer B in Hückeswagen: Sieg für die Bürgerbewegung – doch es gibt ein Rückspiel

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AUSSENANSICHT (Von Norbert Bangert, für schlossjournal.de) Karsten Mittelstädt vom RGA hat das Schlagwort geliefert: Einen Sieg auf ganzer Linie, so titelt er, habe es für die Bürgerbewegung gegeben. Peter Floßbach hält dagegen. Er sieht weder Sieg noch Niederlage, denn letztendlich gebe es immer noch keinen Haushalt und alles stehe auf Null.

Der Vorteil einer Betrachtung von außen auf die Ereignisse rund um den Haushalt in Hückeswagen besteht darin, dass man die Dinge oftmals ganz emotionslos betrachten kann. Was ist also eigentlich passiert? Eine Bürgerinitiative demonstriert gegen eine Steuererhöhung von per anno 65 Prozent. 50-70 Menschen gehen auf die Straße, zudem sammeln sie in kurzer Zeit über 1500 Unterschriften. Ein ungewöhnlicher Vorgang, so etwas hatte es doch bisher nur einmal gegeben. Vor vielen Jahren ist es in Sachen Islandstraße beinahe einen Bürgerentscheid gekommen. Einige Parteien weichen also aktuell unter dem Eindruck dieser Ereignisse von ihrem Vorhaben ab, den Haushalt mitzutragen und auf der Ratssitzung selber ziehen sie den Entwurf zurück. In der Tat, ein Sieg für die Bürgerbewegung.

Bürgermeister, Verwaltung und die Politik waren es bis dato gewohnt, die Entscheidungen weitgehend unter sich, wenn auch unter öffentlicher Kontrolle der Medien auszumachen. Bürger verirrten sich nur selten in Ausschuss- und Ratssitzungen. Und nun das: Für manche wie aus dem Nichts tauchte die Bürgerinitiative mit dem seltsamen Namen auf und mobilisierte die Bevölkerung. Bürgermeister Dietmar Persian gab dann auch umunwunden auf der Ratssitzung zu, dass dies eine neue Situation in Hückeswagen ist. Es gehört nicht viel dazu, aus seinen Worten eine gewisse Verunsicherung herauszulesen. Bis dato unorganisierte Bürger mischen sich ein und beeindrucken die Politik derart, dass diese sich nun neu sortieren müssen. Wie konnte das passieren?

Es konnte deswegen passieren, weil sich etwas verändert hat in der Gesellschaft und das ist nicht nur ein Hückeswagener Phänomen. Eine Mobilisierung der Menschen ist aufgrund der Sozialen Medien wie Facebook einfacher geworden. Nicht zufällig hat sich die Bürgerbewegung dort organisiert und dort hat sie ihren Nährboden. Hinzu kommt eine immer größer werdende Abneigung gegen Parteipolitik. Es mag sein, dass der eine oder andere Protestler Mitglied einer Partei ist, doch das spielt im Grunde keine Rolle. Auch wenn es mancher Politiker jetzt ungern liest: Die Parteienpolitik steckt in einer Krise, das Misstrauen der Menschen ist groß. Also war es für die Verantwortlichen der Bürgerbewegung einfach, dieses „Jetzt-zeigen-wir-ihnen-es-mal-Gefühl“ zu wecken.

Wenn da nicht noch das Rückspiel wäre. Und das wird im „Ratseigenen Stadion“ ausgetragen, sozusagen mit Heimvorteil für die Politik. Da die Einnahmesituation sich in kurzer Zeit nicht so sehr verändern wird bedeutet das: Geringere Grundsteuer B = Höhere Kürzungen in anderen Bereichen. Bald, in wenigen Wochen, wird die berühmte Giftliste veröffentlicht werden: Streichung von Zuschüssen, Zusammenlegung von Einrichtungen, usw. usw. Und wieder wird man fragen: Wie konnte das passieren. Dann werden womöglich die Frühschwimmer mit ihren über 1000 Mitgliedern mobilisieren und den Erhalt des Hallenbads fordern. Und der Förderverein der Stadtbibliothek wird dann alle Bücherfreunde, deren es zahlreiche gibt, zum Levitenlesen bitten.

Von außen betrachtet ist das „Spiel“ also noch nicht vorbei. Positiv bleibt festzuhalten: Wenn man durch das Mikroskop auf den Mikrokosmos Hückeswagen schaut, sieht man Bewegung. Und keiner aus Poltik und Verwaltung kann sich zurücklehnen, schon morgen könnte die nächste Bürgerbewegung vor dem Schloss stehen.

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