Das Ende ist nah! – Der strategische Fehler der Zeitungen, die Lokalredaktionen aufgegeben zu haben

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AUSSENANSICHT Von Norbert Bangert für schlossjournal.de Was macht man an einem „Tag der Arbeit“, wenn man seinem Auftrag nachkommen will, die „Außenansicht von Hückeswagen“darzustellen? Ganz einfach: Man blickt auf die eigene Arbeit zurück, die man mal in der Schloss-Stadt „verrichtet“ hat. Und was einem zuerst auffällt, ist eine ganz simple Sache: Es gibt die Arbeitsstelle nicht mehr in Hückeswagen, die man „bekleidet“ hat, weder diese noch eine gleichartige. Sowohl die Bergische Morgenpost als auch der RGA haben keine Redaktion mehr in Hückeswagen. Die Stadt wird von Wermelskirchen bzw. Remscheid „journalistisch betreut“, wo sich die Zentralredaktionen der Zeitungen befinden. In Hückeswagen vor Ort sind „nur“ noch freie Mitarbeiter, die dort wohnen.

Meine Meinung zu diesem Vorgang ist ganz klar und die seh´ ich ganz unabhängig von meiner Person als Ex-Journalist: Beide Verlage begehen einen großen strategischen Fehler. Die lokale Nähe der Zeitungen war das einzige Alleinstellungsmerkmal, das sie hatten. Es besteht für die Menschen immer noch ein Bedürfnis zu erfahren, was in der unmittelbaren Umgebung von einem Selbst passiert. Der Mantel (überregionaler Teil) oder die Anzeigen ließen sich noch überregional steuern, doch beim Lokalteil verhält es sich etwas anders. Wenn der lokale Redakteur nicht mehr mit den Menschen in der Stadt in Kontakt kommt, verliert er sehr schnell das Gefühl dafür, was in der Stadt passiert. Mir kann keiner erzählen, er könne den Job von Wermelskirchen oder Remscheid genauso gut machen, wie von Hückeswagen aus. Die Entscheidung, dass die Zeitungen die Lokalredaktionen aufgegeben haben, fiel aus „wirtschaftlichen Sachzwängen“ heraus. Doch diese Entscheidung war kurzsichtig, es hätte genau das Gegenteil passieren müssen. Man sägt sich den eigenen Ast ab. Die Lokalredaktionen hätten gestärkt werden müssen, denn vor Ort spielt die Musik. So aber werden die Leser sehr bald merken, dass die Artikel „aus weiter Entfernung“ geschrieben werden, auch wenn der Journalist oder die Journalistin, die den Artikel schreibt, sich vor Ort befand. Es kommt eben nicht mehr regelmäßig das Bild, dass eine Schulklasse beim Eis essen am Wilhelmsplatz zeigt und die Lehrerin äußert, dass der Brunnen doch wieder Wasser spenden sollte. Oder von den Handwerkern, die in einer Spontanaktion eine Lichterkette aufhängen. Doch das macht es aus: Man verlässt die Redaktion, hält „einen Schnack“ mit Guido Schnitzler, und geht mit einem Artikel wieder in die Redaktion rein. Ein einzigartiger Text, ein Unikat sozusagen. Stattdessen müssen die Wermelskirchener und Remscheider Pressemitteilungen umschreiben und versuchen, sie einigermaßen mit Leben zu füllen. Die Leser werden es merken und dann ist – mit Verlaub – das Ende nah.

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