Langfristig klüger, aus archivarischer Sicht geboten: Zentralisierung des Stadtarchivs im Großarchiv

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AUSSENANSICHT (Von Norbert Bangert, für schlossjournal.de) Momentan wird – bisher eher hinter den Kulissen – in Hückeswagen die Diskussion geführt, wo das Hückeswagener Stadtarchiv eine neue Bleibe finden soll. Angestoßen wurde die Thematik durch den Wipperfürther Bürgermeister Michael von Rekowski, der im Februar 2015 bekannt gab, dass das Hückeswagener und Wipperfürther Archiv bis 2017 in den Räumen der Alice-Salomon-Schule zusammengeführt werden sollen. Offenbar war diese Veröffentlichung nicht so ganz mit der Hückeswagener Politik abgesprochen, denn nur kurz danach erfolgte der Hinweis für die Öffentlichkeit, dass bei dieser Entscheidung die Gremien noch ein Wörtchen mitsprechen wollen. Hintergrund der Diskussion sind die Diskussionen um den städtischen Haushalt. Man erhofft sich durch die Zusammenlegung mittelfristige Einsparungen durch Synergien in der Bewirtschaftung, auch muss das Gebäude an der Ewald Gnau-Straße offenbar saniert werde, ggf. könnte es auch als Flüchtlingsunterkunft dienen.

Nun ist das Stadtarchiv in Teilen auch ein emotionales Thema, nicht wenige sind der Meinung, dass ein Archiv zur Hückeswagener Geschichte in die Stadt gehört. Auch die beiden Geschichtsvereine vertreten diese Ansicht. Allerdings muss man sagen, dass die Geschichtsvereine hier eher emotional argumentieren. Betrachtet man diese Frage als Historiker und Benutzer eines derartigen Archivs, so kann man auch zu einer ganz anderen Meinung kommen. Die wertvollen Archivalien sind am besten dort aufgehoben, wo die besten Bedingungen herrschen. Solche Kriterien sind beispielsweise die Klimatisierung der Räume oder die räumliche und zeitliche Zugänglichkeit für die Besucher. Archive funktionieren – auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten – in großen Einheiten am besten. Da wäre es wirklich sinnvoll, man sucht unabhängig von kommunalen Grenzen den besten Standort. Ein Hückeswagener Geschichtsfreund wird zur Recherche auch ins benachbarte Wipperfürth oder sogar noch weiter fahren, sie fahren notfalls auch in Landesarchiv nach Duisburg oder lassen in Berlin anfragen. Der Vorschlag der Bürgerinitiative, das Archiv wieder ins Schloss zu verlegen, ist insofern merkwürdig, als dass man ja gerade aus Platzgründen das Archiv erst von dort weg verlagert hat. Offenbar hat man bei der Bürgerinitiative die Information, dass es im Schloss geeignete leere Räume gibt. Abgesehen davon sind die alten teilweise feuchten Gemäuer – Uwe Ufer würde sagen „alte Kästen“, nicht gerade ideal in Bezug auf die Lagerung der Archivalien.

6 Gedanken zu „Langfristig klüger, aus archivarischer Sicht geboten: Zentralisierung des Stadtarchivs im Großarchiv“

  1. Natürlich ist eine gut geplante Unterbringung anzustreben und als die Person, die jede Archivalie des Stadtarchivs in Hückeswagen in der Hand gehabt hat, würde mir das besonders am Herzen liegen…. aber hier ist kein ordentlicher Neubau oder ähnliches in Planung, auch wird keine bessere Beauskunftung oder Betreuung der Archive durch die Stelle eines Diplom-Archivars angestrebt! Hier geht es wieder um Kosteneinsparungen!!! Dieses Vorhaben wird weiterhin zulasten der Archive gehen. Eine Archiv ist aber eine kommunale Pflichtaufgabe!!!

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  2. Bevor man das Archiv nach Wipperfürth verlagert, muss geprüft werden ob nicht in Hückeswagen entsprechende Räume zur Verfügung stehen und kostengünstiger genutzt werden können. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass auch die Stadtverwaltung das Archiv nutzt (Wegekosten) und … das Archiv ist die Seele der Stadt

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    • Sehr geehrter Herr von Polheim, haben Sie vielen Dank für den Diskussionsbeitrag. Von mehreren Seiten ist eine Rückkehr des Archives ins Schloss vorgeschlagen worden. Sehen wir jetzt mal von den raumklimatischen Dingen ab: Hat sich Ihres Wissens nach denn die Platzproblematik dahingehend im Schloss verändert, dass nun mehr Platz vorhanden ist vor dem Auszug in die Ewald-Gnau-Straße?

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  3. Es versteht sich doch eigentlich von selbst, daß ein Stadtarchiv in der Stadt untergebracht sein muß, deren Zeitzeugnisse es beinhaltet. Es verkörpert schließlich nicht weniger als ihre Identität. Das Wo und Wie der Unterbringung dagegen ist in erster Linie den Erfordernissen eines Archivs geschuldet. Geld spielt zwar stets eine Rolle, aber die entsprechenden Standards müssen auf jeden Fall eingehalten werden. Denn jedes verlorene Stück wäre eines zuviel.

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  4. Sicherlich wird in Zeiten knapper Kassen die Verbundlösung aus wirtschaftlichen Gründen angestrebt. Dass sich zwei Städte zusammentun, um Probleme zu lösen oder ihre Aufgaben zu stemmen, ist zunächst einmal sinnvoll. Auf dem Gebiete der Kultur gibt es viele Gemeinschaftsprojekte.

    Vordergründig geht es in hier um die zweckmäßige Unterbringung der Archive verbunden mit Einsparungen. Nichts wird allerdings zum Gesamtkonzept gesagt. Deshalb folgende Fragen: welche Einsparungen sind angedacht? Allein die räumliche Zusammenlegung der Aktenmagazine dürfte wohl nicht ausschlaggebend für den gewünschten Spareffekt sein. Sicherlich will man auch einen Lesesaal, eine Bibliothek (wenn vorhanden) und die technische Ausrüstung gemeinsam nutzen, d. h. sich die Kosten teilen. Gar nichts lese ich zur angedachten personellen Ausstattung des „Großarchivs“. Möchte man auch hier noch sparen oder möchte man die Einsparungen nutzen, um möglicherweise eine Fachkraft einzustellen, die die originären Aufgaben eines Archivs wie Aktenübernahme, Kassation, Bearbeitung der Akten und deren Bereitstellung für Benutzer, oft auch das Aufspüren wichtiger Nachlässe und einiges mehr, durchführen kann? Solange dies nicht geklärt ist, kann nicht abschließend diskutiert werden.

    Dass die Emotionen mitspielen ist auch klar, wer gibt schon gerne sein Stadtgedächtnis weg? Gemeinschaftsprojekte müssen durchaus nicht immer gut ausgehen; auch dafür könnte ich Beispiele nennen. Verträge werden nicht immer eingehalten, wie der Vertrag von Porz mit Köln zeigt. 20 Jahre ging es gut, dann wurde das Zweigarchiv aufgelöst. Auch zwischen Remscheid und Solingen ging es hoch her, als Remscheid das Gemeinschaftprojekt Bergische Symphoniker auflösen, sprich abschaffen, wollte.

    Die Entfernung zwischen den beiden Städten dürfte kein echtes Argument sein. Dass der Historiker gerne auch weitere Wege auf sich nimmt, ist aber so nicht unbedingt richtig. Wer Historie beruflich betreibt oder wenigstens seine Beiträge bezahlt bekommt, kann das sicher eher tun, als der nebenberufliche Forscher: er muss sich Urlaub nehmen, Fahrtkosten und Gebühren zahlen – und das kann sich durchaus summieren. Das Anschreiben von Archiven bringt allenfalls nur die Auskunft, ob Akten vorhanden sind oder nicht. Akten durchlesen muss er selber.

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  5. Wahre Worte, Frau Fäuster.Konkrete Antworten zu der geplanten Umsetzung habe ich leider noch keine. Ich halte es jedoch für wahrscheinlich, daß die Planungen noch gar nicht abgeschlossen sind.
    Sicher spielen die Emotionen bei der Beurteilung eine nicht gerade untergeordnete Rolle. Und es ist wohl auch sinnvoller, wenn man sich in einer Stadt über diese informieren kann. Ich bin sehr gespannt auf den weiteren Verlauf.

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